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Die Lachschleife

Wer die britische Fernsehserie Coupling kennt, dürfte mit dem Gegenstand der so genannten „Lachschleife“ vertraut sein. Unter Lachschleife versteht man eine Aneinanderreihung mehr oder (meist) weniger lustiger Begebenheiten, über die man im Alltag allenfalls schmunzeln würde, in einem von Ernsthaftigkeit geprägtem Umfeld hingegen zum Opfer einer Überreaktionen wird. Der letzte lustige Vorfall einer solchen Schleife bzw. Kettenreaktion ist der Tropfen, welcher das Fass zum Überlaufen bringt und ruft übersteigerte Lachanfälle hervor, welche vorherige, ehemals unterdrückte Belanglosigkeiten quasi aufarbeitet. Die Lachattacke ist nicht mehr zu bewältigen, zumal einem die ganze Zeit durch den Kopf schwirrt: „Reiß Dich zusammen! Alle gucken schon! Das ist hier eine ernsthafte Angelegenheit! Das ist hier kein Spaß!“ Nichts kann einen mehr retten...
Ein Beispiel: Stolpert ein Mann auf der Straße, ist dies nicht lustig! Naja – kommt drauf an, wer, wie und warum! Davon mal abgesehen. Passiert dies jedoch auf einer Beerdigung, der besagte Mann ist der Priester und die Straße das ausgehobene Grab, so mag mancher einlenken, es trüge immer noch keine Spur von Humor in sich. Hat jedoch kurz zuvor der Messdiener laut einen fahren gelassen (die Lachschleife beginnt, man schmunzelt, kann sich aber schnell wieder beherrschen) und danach der Priester den Namen des Verstorben falsch ausgesprochen, so dass er in einen obzönen Zusammenhang gebracht wurde (zweite Phase der Lachschleife; man prustet kurz auf, reißt sich aber schnell wieder zusammen – zudem ist einem der fast vergessene Messdiener wieder ins Bewusstsein getreten), dann erscheint der Grabfall in einem neuen Licht und die Lachschleife platzt. Pietätsparolen und Ernsthaftigkeits-Slogans, die dem Betroffenen sogleich durch den Kopf schießen, sind, wie Öl ins Feuer zu gießen. Man ist nun unrettbar gefangen und sollte – allein wegen der Pietät – lieber das Weite suchen, statt sich fangen zu wollen.
Sowas wie die Lachschleife gibt es und schon manch einer wurde ihr Opfer – so auch ich! Es begab sich vergangenen Sonntag, dass ich auf der Erstkommunionsfeier der Cousine meiner Freundin war. Die Messe zog sich hin - ich war schon ewig nicht mehr in der Kirche, geschweige denn an einem Sonntag so früh wach gewesen – und konnte dem ganzen Ereignis nur mit Mühe folgen. Nach eineinhalb Stunden, kurz bevor das letzte Lied gesungen wurde, trat die Kommunionskinder-Erzieher-Tante aufs Podium, einiger Bekanntmachungen wegen: „[blablabla] ...und wenn wir alle ausgezogen sind, treffen sich die Kommunionskinder noch einmal kurz mit dem Pfarrer vor der Sakristei. Und heute Nachmittag... [blablabla].“ Ich weiß nicht, warum ausgerechnet dieser Gesprächsfetzen in mein von Müdigkeit 90 Minuten lang gelähmtes Gehirn eingedrungen ist, aber nachdem ich diesen Satz verarbeitet hatte ging es los: erst ein Kichern, dann ein Prusten, wieder Kichern... Die Gemeinde fing an zu singen, mein Glucksen wurde übertönt. Ich dachte einen kurzen Moment, es sei überstanden, da drang das kichernde, prustende Gegluckse meiner Freundin an mein Ohr, sowie die Stimme ihrer Mutter, die unentwegt „Schscht!“ machte, und es war vollends um mich geschehen. Das vierstrophige Halleluja-Gesinge über hatten wir einen Heidenspaß. „Nachdem wir ausgezogen sind... Muahahahaha...“. Absolut nicht lustig – um so lustiger!
Mit den letzten Orgeltönen hatten wir uns sofort wieder im Griff. Das Nachlassen religiöser Zwänge hat den an und für sich müden Gag als eben diesen entlarvt. Es ist herrlich erfrischend, noch über Kleinigkeiten lachen zu können. Gottesdienste wirken da wie eine Art umgekehrter Katalysator.
Der aufmerksame Leser mag nun einwenden: „Moment mal! Wo ist denn da die oben groß angekündigte Schleife??? Von wegen Kettenreaktion usw.???“ Stimmt! Die gibt es nicht! Ich bewundere Leute die sich so derbe im Griff haben und erst lachen, wenn der Priester ins Grab fällt. Ich hätte mich schon beim furzenden Messdiener weggeschmissen! Was soll ich sagen? Ich bin halt willensschwach...
 
 [Same shit, different day...]    Link  (2 Kommentare)   Ihr Kommentar    


kamil  
Kenn ich! Gerade erst Montag erlebt. Ich war mit ein paar freunden unterwegs, den Tag ausklingen lassen. Haben zu erst das super Wetter an der Weser genossen und sind dann noch in ein gehobeneres Lokal, zum Kölsch trinken gegangen. Nach einigen Runden und während eines Gespräches über das bevorstehende Hurricane, gerät ein mit gegenübersitzender Kumpel ins Schwanken, geht mit einem Gesichtsausdruck zwischen purem Ernst, Erstaunen und panischer Angst, von seinem Hocker zu Boden, schmeißt dabei neoch einen weiteren Hocker um, springt wieder auf und setzt sich, als ob nichts gewesen wäre, wieder an den Tisch. Absolute Stille. In mir brodelt es schon. Alle Gäste im Lokal gucken zu uns an den Tisch. Ich kann mich kaum noch halten. Dann kommt die Kellnerin und fragt:" Noch ne Runde, oder reicht es für heute?" und blickt dabei den Gestürtzten an. Da war es um mich geschehen und ich lachte lauthals los. Als ich anfing zu heulen, weil mir so der Bauch weh tat, war es auch um die anderen gesehen und auch sie lachten. ´Sogar der Grestürtzte, der sich anhgeblich mit seinen Füßen im Barhocker verhäddert hatte. ENDE.


der_eumel  
Kenn ich, kennt wohl jeder. Und ich finde, man sollte es einfach geschehen lassen. Lachen ist gesund und niemand sollte sich dafür schämen, sich etwas Gutes zu tun ;-)







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