Zeitreisen und verpasste Chancen Montag, 22. September 2008, 19:05
Phantasiert man übers Zeitreisen, dann gerät man oft ins Schwärmen: die kommenden Lottozahlen in die Vergangenheit holen, Wettergebnisse vorher wissen oder auch ein Attentat auf Hitler, Stalin usw. Man könnte 9/11 verhindern, die Tsunami Opfer evakuieren und ganze Kriege verhindern. Natürlich nicht ohne Gefahren: wenn man in der Vergangenheit auch nur eine Mücke tötet, könnte es bekanntlich in der Gegenwart ganze Völkergruppen, Populationen etc. auslöschen. Die Medienlandschaft quillt über von fiktionalen Folgen einer missglückten Zeitreise. Hätte ich eine Möglichkeit zum Zeitreisen gefunden, würde ich meine neu erworbene Macht selbstredend verantwortungsbewußt ausspielen. Ich würde bspw. keiner Fliege was zu Leide tun und - wohlwissend, dass ich niemals Zeitreisen werde, kann ich ja auch den Idealisten raushängen lassen - niemals nach materiellen Vorteilen streben. Eine Sache täte ich allerdings schon gerne: ich würde ein paar verpasste Gelegenheiten für eine schlagfertige Antwort liebend gerne nachholen. Schlagfertige Antworten sind so eine Sache: man braucht Wortwitz und Timing! Meistens fehlt es an beidem und erst, wenn die Schlagfertigkeit erfordernde Situation vorbei ist, man also das Timing verpasst hat, quillt man über vor kreativem Wortwitz. Fällt einem schließlich verspätet eine gute Antwort ein, bleibt einem nichts anderes übrig, als sich über sich selbst zu ärgern. So auch letztens in der Bahn... Ich fuhr mit der Bahn, in einem Zug jüngeren Baujahres und ärgerte mich mal wieder über den Mangel an altherbekanntem Komfort in neuen Zügen. Erst verschwanden die Abteile aus den Zügen zugunsten von Vierersitzen, dann wurden die Raucherwagons abgeschafft und schließlich hat man das Gefühl, in einer zu groß geratenen Straßenbahn zu sitzen. Für einen Zweimetermann wie mich absolut ungeeignet, um länger als zwei Stunden zu reisen. Diesen Mangel an Komfort versucht man dann zu kompensieren, indem man in seinen Sitzpositionen stark frequentiert variiert. So passiert es auch schonmal, dass ein Fuß verbotenerweise auf der gegenüberliegenden Armlehne positioniert wird. Als mich die Schaffnerin in eben dieser Sitzhaltung vorfand, wurde sie gleich grob: "Nehmen sie bitte den Fuß da runter. Machen sie das etwa auch zu Hause?" - eine platte Frage, wo ein schlichtes "Ja. Mach ich!" einfach zu plump gewesen wäre. Also nehme ich wortlos meinen Fuß von der Armlehne. Sie lässt jedoch nicht locker und stichelt beim Stempeln meiner Fahrkarte weiter: "Machen sie das nicht noch einmal!", deutet dann auf einen Punkt an der Decke und sagt "Hier sind überall Kameras!". Ich sagte nichts und grinste nur dämlich, was ich später schwer bereute, denn mir fiel die erste Schlagfertigkeit ein, die dieses Gespräch erfordert hätte. Der beste Kommentar, der leider erst meinem späteren Ich eingefallen ist, wäre gewesen: "Ich dachte, die Kameras sind nur dazu da, um die Angestellten zu überwachen!". Vertane Chance! Weiter im Gespräch sagte jene, im Nachhinein noch nervigere, da ungeschoren davon gekommene, penetrante Angestellte einer unbequeme Züge auf die Gleise schickenden Kackgesellschaft im Weggehen: "Wenn Sie das nochmal machen, kostet das 40 Euro. Soviel kostet nämlich das Reinigungspersonal!" Zum besseren Versändnis meiner Fassungslosigkeit: die Zeiten, in denen Armlehnen in Zügen gepolstert sind, sind lange passe! Wir reden hier über ein versifftes, mit Holzimitat verkleidetes, längliches Etwas! Wäre es meine Aufgabe, diesen Zug zu reinigen, würde ich damit anfangen, alle Armlehnen rauszureißen, sie auf einem Scheiterhaufen zu verbrennen und mich erst den anderen Reinigungsarbeiten widmen, wenn ich sicher gegeangen bin, dass nur noch Asche übrig geblieben ist. Dahingehend hatte ich ein Bild von den Qualitäten der hausinternen Reinigungsteams, welche durchweg negativ ist. Die Schlagfertigkeit auf diesen saudämlichen Kommentar der Schaffnerin wäre - leider auch viel zu spät in meinem Kopf entstanden - dieser gewesen: "Also ich mache Ihnen die Lehne auch für 20 Euro wieder sauber!". In meiner verzögerten Vorstellung glotz die Schaffnerin nur blöd und geht dann geschlagen vom Schlachtfeld. Der hätte ich es gezeigt! Sollte ich also jemals durch die Zeit reisen, könnt ihr also unbesorgt sein: die menschliche Rasse bleibt erhalten. Lediglich mein Kontostand ist in der Gegenwart um 40 Euro gesunken...
|
bestatterweblog
blog´n´roll blogonese ein paar kurze worte... figurenbrut food-wut gegen erkenntnistheorie gesichter gonzosophie ich trinke... karamba kreuzberger Lenins Notizen liza iii. meet me at the cemetery gates [meine kleine stadt] midori MySpaceOpfer my story nachtschatten ora et labora |
Letzte Beiträge und Kommentare / Wusste eigentlich jemand...
(nasenfahrrad) / wann gibbet neuigkeiten vom...
(myspaceopfer) / 40-Wochenstunden gibts bei...
(liza iii.) / ich verstehe das mit dem schreiben....
(myspaceopfer) / Sonne kommt bald. Und spätestens...
(kreuzberger)
Zum Mitreden, bitte einloggen!. Layout dieses Weblogs basierend auf Großbloggbaumeister 2.2 |